Der erste Monat

Wie die Zeit vergeht, ist unglaublich. Der erste Monat ist schon rum. Man man man. Und was das für ein Monat war. Ich möchte euch gerne einen ehrlichen Rückblick meiner ersten Zeit hier geben. Der erste Monat ist natürlich immer etwas ganz besonderes. Es ist alles neu und aufregend und ganz anders als man es kennt. Jeden Tag erlebt man neue Dinge, lernt neue Menschen, Wörter, Früchte, Orte und noch vieles mehr kennen. Ich habe durch meine super soziale Gastfamilie schon super schnell super viel Neues sehen dürfen. Dadurch, dass ich meistens Nachmittags arbeiten muss, wurde ich oft morgens ins Auto gesetzt und von einer Finca in den Bergen zur anderen getuckert. Immer wieder haben wir kleine Ausflüge unternommen, meistens zu Freunden meiner Familie. Hier ist vielleicht wichtig zu erwähnen, dass meine Gasteltern beide nicht bzw. nicht mehr arbeiten ( mein Gastvater ist pensionierter Polizist) und dementsprechend jede Menge Zeit haben und diese mit größter Freude in mich stecken, worüber ich mich dann wieder freue hehe. Sie haben aber auch echt jede Menge Freunde und Bekannte, gefühlt überall. Das ist letztendlich alles von größtem Vorteil für mich, da ich jede Menge Quality Time mit meiner Familie hier bekomme und dazu noch ewig viele kleine versteckte Orte kennenlerne, und das, wann auch immer ich Lust habe. Dafür bin ich wirklich sehr dankbar.

Ich durfte neben all den Erfahrungen mit meiner Familie, auch auf der Arbeit viele neue Dinge lernen und erleben; neben dem ersten Festival haben wir begonnen das Theater zu „sanieren“, eine Bühne zu bauen und jetzt zu streichen und alles noch farbenfroher zu gestalten und gemütlich zu machen. Außerdem haben wir in letzter Zeit auch mehr „richtig“ Theater gemacht. Wir haben angefangen an einem Stück zu arbeiten ( in dem ich auch mitspielen darf!!) und neben sehr viel Textarbeit und Interpretation auch eine Menge Schauspielübungen und Methoden zu besprechen und zu spielen. Das macht so einen Spaß, das könnt ihr euch gar nicht vorstellen. Da geht mein kleines Theater Herz total auf. Meine Theaterleute freuen sich auch sehr über meine Mitarbeit, das macht mich sehr glücklich. Nächste Woche beginnt dann auch schon ein neues Festival, diesmal Festival al Riel (an der Schiene, da das Theater direkt an Bahnschienen liegt). D.h. wieder eine Woche viel Arbeit, aber dafür mit vielen neuen Künstlern und einzigartigen Aufführungen, auf die ich mich sehr freue!

Was die Sprache angeht, muss ich zugeben, ich bin echt super dabei. Ich quatsche tagtäglich so viel auf Spanisch, dass sich mein Level in der kurzen Zeit um einiges verbessert hat und das wird mir auch immer wieder gesagt, was mich total glücklich und stolz macht, denn ich finde die Sprache so schön und liebe es sie zu sprechen!

Was meine Stadt Tunja angeht, kenne ich mich mittlerweile auch schon sehr gut aus. Dadurch, dass meine Arbeitsstelle so nah an meinem Haus ist, muss ich täglich nicht groß durch die Stadt, sondern kann entspannt um zwei Ecken laufen. Dennoch habe ich schon den Großteil der Stadt gesehen. Busfahren ist und bleibt hier ein Highlight. Anhalten tut man den Bus durchs Winken und sieht die grobe Route des Busses durch die Namen einiger großer Plätze auf einem Plakat in der Fensterfront. Danach hofft man einfach, dass er so grob da auch vorbei fährt wo man hin will und schreit dann ganz laut : „por aca por favor“ ( „hier bitte halten“) zahlt und betet, dass sich der Magen beim Aussteigen nicht allzu sehr dreht, da hier gefahren wird wie auf einer Achterbahn. Aber ich habe mich daran gewöhnt und finde es recht amüsant hehe. Ansonsten fährt man hier echt ohne Pause Taxi, was irgendwie ein absoluter Luxus ist, da es meistens um so n Euro kostet, von A nach B zu kommen. 

Trotz all der neuen aufregenden Erfahrungen muss ich zugeben, dass der Monat nicht immer sehr leicht war. Ich habe schon von meiner ersten Krankenhauserfahrung am zweiten Tag hier berichtet und die Nachwirkungen des Antibiotikums etc. Leider habe ich es geschafft, kurze Zeit später wieder richtig krank zu werden. Ich weiss nicht, ob es eine Lebensmittelvergiftung war oder nur ein Virus, ich habe jedenfalls einmal komplett meinen Magen geleert, bis auf den letzten Krümel und immer wieder das Bewusstsein verloren. Es war absolut nicht lustig und sehr beängstigend. Ich habe anschließend eine lange Zeit zuhause im Bett verbracht, da ich kaum Flüssigkeit in mir behalten habe und große Schwierigkeiten hatte zu essen. Es war sehr frustrierend und hat mich nicht nur körperlich, sondern auch mental absolut geschwächt. Zumal ich mich gerade Mal so von der Antibiotikabehandlung und deren Folgen davor erholt hatte. Die Tage im Bett waren dementsprechend nicht allzu erholend, da ich irgendwann den großen Wunsch hatte, einfach wieder zurück nach Deutschland zu kommen, wo ich nicht so dolle zu leiden hatte. Das ist natürlich auch absolut nicht wahr, aber es fiel mir echt sehr schwer positiv zu denken, da ich es als absolut ungerecht empfand, schon das zweite Mal in so kurzer Zeit so krank zu sein. Es ist auch echt gemein gewesen. Ich habe lange gebraucht wieder richtig zu essen und dadurch leider sehr viel Gewicht verloren, was zu einem neuen Stressfaktor wurde. Ich war einige Tage in einem absoluten Teufelskreis gefangen und habe mich super hilflos und einsam gefühlt, was absolut normal in so einer Situation ist. Aber jedes Leid hat ein Ende, und das darf man nicht vergessen. Es war nicht einfach, aber ich habe auch diese Herausforderung gemeistert. Ziemlich viele Herausforderungen gleich am Anfang meiner Meinung nach, aber na gut. Eine weitere überstanden, yehuuu! Ich habe aber auch viel Unterstützung von meinen beiden Familien bekommen, wie auch von meinen Freunden hier. Auch unsere Organisation vor Ort ist immer sehr aufmerksam und versucht echt alles für unser Wohlergehen zu tun. Das gibt einem ein richtiges Sicherheitsgefühl, wofür ich sehr dankbar bin. 

All der Stress hat mir noch einmal bewiesen, wie wichtig es ist, dass ich auf mich aufpasse, damit ich nicht nochmal so krank und vor allem nicht nochmal in so eine Verzweiflung gerate. Ich habe mich in einem Fitnessstudio angemeldet, wie auch in einer Tanzschule. Durch meine flexiblen Arbeitszeiten passt es sehr gut und macht mir beides großen Spaß. Ansonsten versuche ich auch so oft es geht die anderen Freiwilligen zu sehen und lustige Dinge mit ihnen zu unternehmen. 

Letztendlich geht es mir sehr viel besser, ich muss zwar immer noch gut auf meinen Körper und auch mein kleines Herz aufpassen, aber ich bin sehr glücklich hier sein zu dürfen und genieße jeden Tag sehr.